Kunstrasen in Bremen-Nord: Wo Anlagen geplant sind und nach welchen Kriterien Standorte ausgewählt werden
Burglesum. Die Sportgemeinschaft (SG) Marßel wünscht sich für ihre Fußballabteilung einen Kunstrasenplatz. Ob sich dieser Wunsch für den Verein erfüllt, ist jedoch offen. Nach Angaben von Monika Duncan vom Sportamt gibt es immerhin eine Chance, dass der Verein in den nächsten Jahren berücksichtigt werden könnte, wenn Standorte für neue Kunstrasenplätze festgelegt werden. Das erfuhren kürzlich die Mitglieder des Beiratsausschusses für Soziales, Kultur und Gesundheit in ihrer Online-Sitzung. Es ging auch darum, wo neue Kunstrasenplätze an anderen Orten in Bremen-Nord entstehen.
Ausschusssprecher Werner Müller (SPD), der auch Ehrenvorsitzender der SG Marßel ist, warb dafür, den Marßeler Verein zu bedenken. Er verwies auf dessen Bemühungen für Integration und Jugendförderung. Schlechte Bedingungen für die Sportler führten dazu, dass sowohl Mitglieder als auch Trainer den Verein verlassen, betonte Müller.
Derzeit stehen den Mannschaften ein Schlackeplatz und ein Naturrasenplatz zur Verfügung. Den Schlackeplatz nutzen die Fußballer nicht, weil die Verletzungsgefahr zu groß ist. Es habe bereits mehrere Verletzungen gegeben, schilderten Mitglieder der Fußballabteilung. Aus dem Naturrasenplatz gibt es Probleme mit Maulwurfshügeln.
Die Bedingungen sind dem Sportamt bekannt, „deshalb ist die SG Marßel auch mit im Topf der Vereine, die den Zuschlag bekommen könnte“, sagte Duncan. „Die Bezirkssportanlage Marßel ist mit im Rennen.“ Ihren Worten nach gibt es aktuell fünf Kunstrasenplätze in Bremen-Nord: einen in Blumenthal (Burgwallstadion), zwei in Vegesack (Kifkenbruch und Stadion Vegesack) und zwei in Burglesum (Ihletal und Sportpark Grambke).
Ein neuer Kunstrasenplatz wird auf der Bezirkssportanlage Grohn entstehen, so die Sportamt-Vertreterin. „Dort gibt es einen großen Sanierungsstau und die Deputation hat umfangreichen Sanierungsarbeiten zugestimmt.“ Auch Fußballer in Farge können sich voraussichtlich auf einen Kunstrasenplatz freuen. Geplant ist laut Duncan eine Finanzierung durch die Bildungsbehörde – als Ausgleich dafür, dass auf dem Sportplatz des TSV Farge-Rekum eine Schule gebaut wird.
Wenn es nach dem Sportamt geht, sollen alle Bezirkssportanlagen in Bremen mit einem Kunstrasenplatz ausgestattet werden. Doch angesichts leerer Kassen und massiv gestiegener Baukosten ist das ein Ziel, das in naher Zukunft nicht erreicht werden kann. Laut Duncan haben sich die Preise für Kunstrasenplätze in den vergangenen Jahren mehr als verdoppelt, „von 400.000 bis 500.000 auf jetzt 1,1 Millionen Euro“. Deshalb ist der Bau der Plätze, wenn überhaupt, nur nach und nach möglich.
Zu den Kriterien, die bei der Standortvergabe eine Rolle spielen, gehört unter anderem, wie viele Mannschaften der Verein vor Ort hat und wie viele Mannschaften den Platz darüber hinaus nutzen könnten – beispielsweise von Schulen. Auch die Zahl der Plätze, die es im Stadtteil bereits gibt, spielt eine Rolle. „Wir bauen die Kunstrasenplätze nicht für Vereine, sondern für Stadtteile“, betonte Duncan.
Wo immer es möglich ist, werden die Kunstrasenplätze auf bereits vorhandenen Schlackeplätzen errichtet. Dadurch soll vermieden werden, dass zusätzlich Boden versiegelt wird, erläuterte die Sportamt-Vertreterin. Die Schadstoffbelastung von Schlackeplätzen mit Dioxin stellt laut Duncan heute keine Gefahr mehr dar. In der Vergangenheit sei der Belag vielfach wegen der nachgewiesenen Schadstoffbelastung ausgetauscht oder unter ein Vlies gelegt worden.
Während die Spielfelder von Kunstrasenplätzen früher in der Regel mit Mikroplastik befüllt wurden, wird als Füllstoff heute Quarzsand verwendet. Bestehende Plätze in Bremen wurden in den vergangenen Jahren bereits nach und nach umgerüstet. „Wenn alles läuft wie geplant, sind wir damit Ende 2023 durch.“ Mikroplastik als Füllstoff wurde verboten, weil die kleinen Kunststoff-Teile leicht in Gräben und Flüsse und schließlich in die Meere gelangen können.
ZUR SACHE
Vorteile und Nachteile
Kunstrasenplätze sind teuer, jedenfalls in der Anschaffung. Im Vergleich zu Schlackeplätzen und Naturrasen kosten sie ein Vielfaches. Das ist ein Nachteil. Nach spätestens etwa zehn bis zwölf Jahren stehen Ausbesserungsarbeiten an Nahtstellen an und auch der Kunstrasen muss nach einiger Zeit ausgetauscht werden. Laut Monika Duncan vom Sportamt kostet das etwa 150.000 Euro. Die Haltbarkeit ist also begrenzt.Zu den Vorteilen gehört, dass Kunstrasenplätze ganzjährig und wetterunabhängig die gleichen Bedingungen bieten; eine hohe Nutzungsintensität ist möglich. Außerdem benötigen sie zumindest in den ersten Jahren überhaupt keine Pflege – im Gegensatz zu Naturrasen. Somit fallen zunächst keinerlei Kosten für die Pflege an.
Aus "Die Norddeutsche" vom 12.04.2022